Autonomie und Vertrauen in der Medizin
Institut für Ethik und Geschichte der Medizin
Die Selbstbestimmung des Patienten wird in liberalen und individualisierten Gesellschaften zu Recht hochgehalten. Doch die Handlungsfreiheit des Einzelnen in einer hochkomplexen, von wissenschaftlich-technischen Rationalitäten durchstrukturierten Welt wächst nur in dem Maße, wie Personen- und Systemvertrauen ermöglicht wird. Ein Übermaß an Entscheidungsoptionen und hohe Risiken in der Medizin machen auch den prinzipiell Entscheidungsfähigen handlungsunfähig, wenn sie nicht durch Vertrauen stiftende Sozialsysteme balanciert werden. Wenn Autonomie ein Schlüsselbegriff moderner Gesellschaften ist, dann muss dies auch für Vertrauen gelten. Denn Verletzlichkeit und Verunsicherung der Akteure nehmen mit den Handlungsmöglichkeiten der modernen Medizin eher zu als ab. Im Mittelpunkt dieser Forschung stehen deshalb Ansätze, Autonomie stärker relational oder sozial zu fassen. Untersucht wurde, inwiefern interpersonelles Vertrauen bzw. Systemvertrauen und Selbstbestimmungspraktiken in der Medizin zusammenhängen, wie sie generiert oder unterminiert und wie sie gerechtfertigt werden. Ein besonderes Augenmerk galt dabei Organisationen und Institutionen, z. B. dem Krankenhaus, sowie Kollektivakteuren, z. B. der Familie oder Patientengruppen. Welche Rolle spielen sie für die Interpretation und Umsetzung von Vertrauen und Autonomie in der Medizin?
- Steinfath H, Wiesemann C et al. (Eds.) (2016) Autonomie und Vertrauen. Schlüsselbegriffe der modernen Medizin. Heidelberg, Springer VS.
- Wiesemann C (2017): On the Interrelationship of Vulnerability and Trust. In: Vulnerability, Autonomy and Applied Ethics, edited by Straehle C, Routledge, New York, 157-170.
- Beier K, Jordan I, Wiesemann C, Schicktanz S (2016): Understanding Collective Agency in Bioethics. Medicine, Health Care and Philosophy, 19:411-422.
- Wiesemann C (2016) Vertrauen als moralische Praxis - Bedeutung für Medizin und Ethik. Autonomie und Vertrauen. Schlüsselbegriffe der modernen Medizin. Ed. Steinfath H, Wiesemann C et al. Heidelberg, pp. 69-100.
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