Ethical and Social Issues of Co-Intelligent Monitoring and Assistive Technologies in Dementia Care (EIDEC)

Institut für Ethik und Geschichte der Medizin

Teilprojekt „Professionsperspektiven zu CIMADeC und Empowerment-Ethik“

Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Laufzeit:  Jan 2020 - Jun 2023

Bearbeitet von:

  • Julia Perry, M.A.
  • Johannes Welsch, M.A.
  • Niklas Petersen, M.A.
  • Dr. Hanan Abo Jabel
  • Sabrina Krohm, M.A.
  • Jana Wegehöft, B.A.
  • Clara Löbe, cand. med.
  • Julia Brose, B.A.
  • Julia Wüstefeld, B.A.

Projektpartner: Carl von Ossietzky Universität Oldenburg; Universität Rostock; Universitätsmedizin Rostock; Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)

Hintergrund

Aufgrund des demographischen Wandels und technischer Innovationen erfährt die Versorgung von Menschen mit Demenz eine grundlegende Veränderung. Neue co-intelligente Monitoring- und Assistenzsysteme (CIMADeC) erlauben es, das Verhalten von Menschen mit Demenz zu beobachten und zu unterstützen. Ziel des Einsatzes solcher Technologien ist es, ein unabhängiges Leben der Betroffenen zu fördern und zu ermöglichen, Probleme frühzeitig zu erkennen, Pflegende zu entlasten und insgesamt die Qualität und Kosteneffizienz der Versorgung zu steigern. Diese sozio-technischen Systeme bezeichnen wir als „co-intelligent“, da sie künstliche Intelligenz (KI) und menschliche Interpretation in Mensch-Maschine-Interaktionen integrieren.

Teilprojekt Professionsperspektiven und Empowerment

Ziel dieses Teilprojektes ist es, die Perspektiven und Einstellungen von Fachleuten in Bezug auf die von TP 1 und TP 2 beschriebenen CIMADeC-Systeme zu erfassen und zu untersuchen und die Auswirkungen und Bedingungen für Empowerment ethisch zu reflektieren.

Sowohl in institutionellen als auch in häuslichen Pflegesettings ist die Akzeptanz der beschriebenen sozio-technischen Systeme aller Beteiligten von höchster Bedeutung. CIMADeC in institutionellen Pflegesettings wie Pflegeheimen erfordert die Akzeptanz sowohl von Fachleuten als auch von Bewohnenden. Für Fachkräfte (Ärzt*innen, Pflegekräfte, Sozialarbeiter*innen, Reinigungskräfte, etc.) können solche Systeme eine Unterstützung ihrer Arbeit bedeuten. So können sie eine bessere Einschätzung des Aufenthaltsortes oder der Stimmung der Bewohnenden sowie eine Entlastung bei körperlich hoch belastenden Tätigkeiten ermöglichen. Sie können aber auch die (manchmal bereits prekären) Arbeitsbedingungen gefährden. Daher ist es wichtig zu verstehen, wie sich CIMADeC auf das Berufsethos und das Selbstverständnis auswirkt und wie Veränderungen im Arbeitsalltag wahrgenommen und moralisch bewertet werden.

Auch in der häuslichen Pflege ist die gesellschaftliche Akzeptanz sowohl von Menschen mit Demenz als auch von Familienmitgliedern sowie von ambulanten Pflegekräften wichtig. CIMADeC kann pflegende Angehörige und beruflich Pflegende bei den täglichen Herausforderungen unterstützen und ihnen Freiräume für sich selbst und für den zwischenmenschlichen Kontakt zu den Betroffenen eröffnen. Gleichzeitig besteht das Risiko, dass durch CIMADeC die Selbstständigkeit aller Beteiligten unterlaufen und Eingriffe in ihr Selbstbestimmungsrecht übersehen werden. Im Fokus des TP 4 stehen positive wie negative Potenziale der Befähigung als Prozess und Ergebnis sozialer Sorgebeziehungen im Kontext technisch-assistierter Pflege.

Methodik

Bislang liegen keine ausreichenden Kenntnisse über die moralischen und sozialen Fragen vor. Daher werden explorative qualitative Interviews mit Expert*innen durchgeführt:
(1) in Pflegeheimen, die mit solchen technologischen Systemen Erfahrungen haben (n≈10) und
(2) in Einrichtungen, die mit solchen Systemen nicht vertraut sind (n≈10).

Diese Expert*innen werden auf verschiedenen Hierarchieebenen rekrutiert. So werden Pflegekräfte, SozialarbeiterInnen und LeiterInnen eingeschlossen. Darüber hinaus werden Fachkräfte der ambulanten Pflege (n≈5), die in informellen Pflegeumgebungen (s. TP 3) mit CIMADeC konfrontiert werden können, und Entwickelnde (InformatikerInnen, IngenieurInnen) solcher Systeme befragt (n≈5), um die Perspektiven hinsichtlich des Lebenszyklus eines co-intelligenten Assistenzsystems zu vervollständigen. Um einen theoretischen Beitrag zu einer befähigungsorientierten technisch-assistierten Pflege zu leisten, widmet sich TP 4 dem ethischen Thema „Empowerment“, das eine zentrale Rolle in der Demenzversorgung spielt. Das TP 4 untersucht dabei umfassend die unterschiedlichen Interaktionsebenen in den Dimensionen:
(1) Privatheit,
(2) Sicherheit,
(3) Beteiligung an Entscheidungsprozessen in Bezug auf Technologieentwicklung und -nutzung,
(4) Wohlbefinden und
(5) Verantwortlichkeiten in Einzelfällen.

Ergebnisse

Empowerment

Internationales Symposium "The Future of Assistive Technologies in Dementia Care – An Interdisciplinary Dialogue"

Das internationale Symposium, organisiert im Rahmen des EIDEC Projekts durch das Projektteam um die leitenden Wissenschaftler:innen (PIs) Silke Schicktanz, Mark Schweda, Andreas Hein, Stefan Teipel, Thomas Kirste und Projektkoordination Julia Perry in Kooperation mit dem Hanse-Wissenschaftskolleg fand vom 6. bis 8. September 2022 im Hanse-Wissenschaftskolleg (HWK) in Delmenhorst statt. Die Fachtagung fokussierte die Zukunft von intelligenten Assistenzsystemen in der Demenzpflege und lud hierfür hochkarätige internationale Wissenschaftler*innen ein, um innovative, herausfordernde Forschungsfragen zu assistiven Technologien in der Demenzversorgung zu beleuchten, die es in Zukunft zu bearbeiten gilt.  Dafür wurde sich an drei Tagen zu aktuellen Forschungsprojekten in einem interdisziplinären Kontext ausgetauscht, diskutiert und darüber nachgedacht, wie Projektergebnisse auch an Akteur*innen außerhalb der Wissenschaft transferiert werden können. Zusätzlich gab die Tagung den Forschenden Einblicke in die Ergebnisse unseres Forschungsprojekts EIDEC.

Dreiteilige Videoreihe "Digitale Assitenztechnologien"

Podcast

Publikationen

  • Schicktanz, S., Welsch, J., Schweda, M., Hein, A., Rieger, J.W., Kirste, T. (2023): AI-Assisted Ethics? Considerations of AI Simulation for the Ethical Assessment and Design of Assistive Technologies. Frontiers in Genetics, ELSI (accepted).
  • Buhr, E., Welsch, J. (2022): Privacy-sensitive Empowerment. Towards an Integrated Concept for Technology Assisted Care for People with Dementia. In: Rubeis, G. et al. (Hg.): Digitalisierung der Pflege. Interdisziplinäre Perspektiven auf digitale Transformation in der pflegerischen Praxis. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 185-197, ISBN E-Lib: 9783737014793, Open Access.
  • Arbeitspapier der Stakeholder-Konferenz zu Digitalen Assistenzsystemen für Menschen mit Demenz, pflegende Angehörige und Pflegekräfte im Rahmen des EIDEC-Projektes am 31.03.2022.
  • Welsch, J. (2022): Empowerment and Technology. An ethical-empirical exploration of technology-assisted dementia care [Poster]
  • Löbe, C., Abo Jabel, H. (2022): Empowering people with dementia via using intelligent assistive technology: A scoping review. Archives of Gerontology and Geriatrics, 101(104699). DOI: 10.1016/j.archger.2022.104699
  • Schicktanz, S., Schweda, M. (2021): Aging 4.0? Rethinking the ethical framing of technology‐assisted eldercare. History and Philosophy of the Life Sciences, 43(93). DOI: 10.1007/s40656-021-00447-x  
  • Schweda, M., Schicktanz, S. (2021): Ethische Aspekte co-intelligenter Assistenztechnologien in der Versorgung von Menschen mit Demenz. Psychiatrische Praxis, 48(01). 37–41. DOI: 10.1055/a-1369-3178
  • Krohm, S. (2021): ‚Female‘ Care and ‚Male‘ Technology? Pflege und technische Assistenzsysteme aus Sicht beruflich Pflegender - Eine explorative qualitative Interviewstudie. [Poster]
  • Schweda, M., Kirste, T., Hein, A., Teipel, S., Schicktanz, S. (2019): The emergence of co-intelligent monitoring and assistive technologies in dementia care - an outline of technological trends and ethical aspects. Bioethica Forum,12 (1/2). 29–37. DOI: 10.24894/BF.2019.12008

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Professorin

Prof. Dr. Silke Schicktanz

Prof. Dr. Silke Schicktanz

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